Dienstag, 29. Januar 2019

"Es ist Zeit, den Resetknopf zu drücken"



Ernährungsexperte sieht die internationale Landwirtschaft auf dem falschen Weg.

Hans Gmeiner 


Wien. Sehr kritisch beurteilt man in der FAO, der Welternährungsorganisation der UNO, die Entwicklung der internationalen Landwirtschaft. „Es ist Zeit, den Reset-Knopf zu drücken für die Welternährung“, sagte Josef Schmidhuber von der FAO am Montag bei der Agrar-Wintertagung des Ökosozialen Forums in Wien. Das sei nicht nur wichtig für die Ernährung der Weltbevölkerung, sondern auch im Hinblick auf die Klimaziele 2030.

„Wir haben in den vergangenen 50 Jahren die Welt immer besser ernährt, in den nächsten 50 Jahren müssen wir in der Produktion aber nachhaltiger werden.“ Der Handlungsbedarf sei groß. „Von der Landwirtschaft kommen 25 Prozent der Treibhausgase, der Anteil an der Wasserentnahme beträgt 75 Prozent, dazu kommen die Nitrat- und Pestizideinträge und Resistenzprobleme etwa durch den Antibiotikaeinsatz“, sagte Schmidhuber.

Bisher habe man zu sehr auf Quantität gesetzt, sagt der FAO-Direktor. „Wir müssen Zugang zu gesünderen Lebensmitteln schaffen.“ Die Möglichkeiten, das zu erreichen, gebe es durchaus. „Weg von Monokultur und Spezialisierung“ ist Schmidhubers Credo. „Die Landwirtschaft muss sich breiter aufstellen.“ In wichtigen Rollen dabei sieht er die Saatzucht, die Digitalisierung und die Kommunikationstechnologie. Vorrangig sei auch der Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung in den Industrieländern und gegen die Ernte- und Transportverluste in den Entwicklungsländern. „30 Prozent Verluste und Verschwendung sind nicht nur ein moralisches Problem, sondern auch schlecht fürs Klima und für den Boden- und Wasserverbrauch.“

Für Österreich und Europa, wo im internationalen Vergleich in der Landwirtschaft bereits jetzt die Vorschriften streng und die Standards hoch sind, sieht Schmidhuber nicht die Landwirtschaft, sondern eher den Handel und die Konsumenten in der Pflicht. „Da haben wir aktuell etwa ein Problem mit Billigimporten von Bananen. Sie erlauben es den Produzenten nicht, Sozial- und Umweltstandards aufrechtzuerhalten.“


Davor warnte auch der Präsident des Ökosozialen Forums, Niederösterreichs Agrarlandesrat Stephan Pernkopf. „Mit Billigimporten importiert man in Wahrheit immer auch Menschenrechtsverletzungen und Umweltbelastungen.“

Salzburger Nachrichten, Wirtschaft, 29. Jänner 2019

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

 
UA-12584698-1