Donnerstag, 5. August 2021

Das Waschpulver für Greenwashing

Ein Unternehmen, das auf sich hält, stellt sich in der Öffentlichkeit wo immer es geht als nachhaltig, ressourcenschonend, klimafreundlich und als Umweltschützer dar. Legionen von PR-Agenturen leben mittlerweile davon, in möglichst schönen Worten und Bildern einen möglichst grünen und sorgsamen Eindruck von Unternehmen entstehen zu lassen. Gar nicht selten wird dabei allerdings nicht sehr viel mehr als das Grüne vom Himmel herunterversprochen, wie es der Verein für Konsumentenschutz einmal formulierte.

"Greenwashing" heißt die Bezeichnung für PR-Methoden, die darauf zielen, einem Unternehmen in der Öffentlichkeit ein umweltfreundliches und verantwortungsbewusstes Image zu verleihen, ohne dass es dafür eine hinreichende Grundlage gibt. Das Hervorheben von umweltfreundlichen Aspekten von Produkten und Produktion, um von negativen Aspekten abzulenken, unklar gehaltene Aussagen wie "nachhaltige Produktion", die den Eindruck von ökologisch produzierter Ware machen sollen und Ähnliches gehören zum Werkzeugkasten, wenn es darum geht, Unternehmen und Produkte grün zu waschen. Der Fantasie scheinen keine Grenzen gesetzt zu sein.

Immer klappt es freilich dennoch nicht. Nicht in der Wirtschaft. Und nicht in der Politik. So wurde die EU-Agrarreform als "Greenwashing übelster Sorte" angeprangert. Und erst jüngst stellte Global 2000 die heimischen Energieversorger an den Pranger. "Wir fordern die österreichische Energiewirtschaft dazu auf, die umfangreichen Greenwashing-Aktivitäten zu beenden."

Dabei könnten sich NGOs wie Global 2000 und viele der anderen, die immer wissen, was andere falsch machen, durchaus selbst einmal an der Nase nehmen und ihre Rolle beim Greenwashing hinterfragen. Denn viele dieser NGOs leben gut von Kooperationen mit der Wirtschaft, von Kontrollaufträgen und von der Erarbeitung von Konzepten, die Unternehmen nachhaltig und grün ausschauen lassen. Sie sind dabei oft sozusagen das grüne Waschpulver für das Greenwashing vieler Unternehmen, bieten den Konzernen Argumentationsmaterial dafür, grün zu erscheinen und geben bereitwillig das Feigenblatt, um von Blößen abzulenken. Eine Rolle, die in der Öffentlichkeit freilich kaum hinterfragt wird und die durchaus einmal das grelle Scheinwerferlicht verdienen würde, das man sonst gerne bei anderen einschaltet.

Vor allem beim Verhältnis zum Lebensmittelhandel könnte sich das schnell lohnen. Der aber wird von den NGOs meist links liegen gelassen. Aus Gründen. Denn da lässt man etwa vom WWF (wie Billa und Spar) das Fischsortiment analysieren, betreibt mit Global 2000 (wie Billa) ein Pestizidreduktionsprogramm oder druckt (wie Hofer) das Label einer "Gesellschaft Zukunft Tierwohl", hinter der der VGT und der Wiener Tierschutzverein stehen, auf Verpackungen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Die Bauern können ein Lied davon singen, wie ernst es die Handelsketten mit all den luftigen Sätzen nehmen, die sich auf ihren Homepages finden. "Als Lebensmittelhändler sind wir uns unserer Verantwortung gegenüber Menschen und Umwelt und der Auswirkungen unseres Handelns bewusst", schreibt man da gerne.

Erdäpfel aus Ägypten, Marillen aus Spanien, Weintrauben aus Chile just dann, wenn auch hierzulande geerntet wird, passen da gar nicht dazu. Auch nicht in den Regalen ausliegende Wurstsorten, für die Tiere für Aufzucht und Schlachtung und dann das Fleisch zur Verpackung quer durch Europa gekarrt werden. Und schon gar nicht all die Kämpfe mit den Milchbauern. Und auch nicht all die Bodenverschwendung und Versiegelung, die uns in Österreich die höchste Supermarktdichte Europas beschert.

Mit Bienenstöcken auf Firmendächern, Kitschbildern von Almen, sprechenden Schweinderln und vielerlei mehr wird seit Jahren an einem Bild gemalt, das nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat. Ungestraft und mit dem Segen vieler NGOs lässt man sich vorne für Regional-Regale, Österreich-Logos, allerhand selbsterfundene Gütesiegel und allerlei anderes beklatschen, während man durch die Hintertür billige Industrieware aus aller Herren Länder in die Läden karrt.

Aber keine NGO greift diese Art von Greenwashing, Localwashing, Labelwashing oder was immer dem gleichzusetzen ist, an, das man sonst gerne bei so vielen Unternehmen und der Politik an den Pranger stellt.

Doch nicht, weil man miteinander im Bett liegt?

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 5. August 2021

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