Donnerstag, 9. Juli 2020

Spannender Sommer im "Home of lässig"



n den sozialen Medien kommen die Bilder nach wenigen Tagen Ferien aus allen Urlaubsregionen Österreichs. "Home of lässig" nennen unser Land sogar die Jungen nicht nur in Saalbach, für das der Slogan steht. Die Zeitungen sind voll mit Reportagen aus ganz Österreich. Und von TV-Sendern werden Schauspieler und Kabarettisten seit Wochen durchs Land geschickt, um die Leute zu einem Urlaub in Österreich zu animieren.

Die nächsten Wochen werden spannend im "Home of lässig". Überall ist die Unsicherheit und die Verunsicherung zu spüren, wenn's um das geht, was viele die schönste Zeit im Jahr nennen. Da geht es nicht nur um die Gestaltung der Ferienwochen und darum, ob man fortfährt oder nicht und darum, wohin es gehen soll, sondern auch um die Zukunft eines der wichtigsten Wirtschaftszweige im Land. Und als ob das nicht schon genug wäre, befürchten nicht wenige gar, dass die Tourismussaison Corona einen neuen Schub geben könnte, weil mehr Kontakt mit Menschen mehr Infektionsrisiko bedeuten könnte. Dass just bereits zu Ferienbeginn die Corona-Kurve, wenn auch aus anderen Gründen, wieder ansteigt, macht die Sache nicht einfacher in diesem Sommer des Jahres 2020, der wohl, so viel kann man schon jetzt sagen, einer der merkwürdigsten werden wird, den man in diesem Land gesehen hat.

"Reisen ist und bleibt ein Grundbedürfnis für die Menschen" steht in den Zeitungen in allen Variationen. In den tausenden Hotels und Pensionen, in den Restaurants und Wirthäusern in diesem Land, in den Reisebüros und überall anders, wo man vom Fremdenverkehr lebt, klammert man sich an Sätze wie diese. Und auch an Umfragen, wie etwa jene des Interreg-Forschungsprojekts der FH Salzburg, die zum Ergebnis kommt, dass das neue Corona-Virus die Reiselust nicht bremst.

Man findet freilich auch Ergebnisse, die dem diametral entgegenstehen und solche, die aus ihren Daten herauslesen, dass es mit der Heimatliebe vielleicht doch nicht so weit her ist, wie es sich viele im Fremdenverkehrsgeschäft wünschen. "Wer fliegen kann, will auch fliegen." Kann freilich sein, dass sich mit solchen Sätzen die Reisebürobranche selbst Mut zuredet. Denn dass das Reisegeschäft an die Strände am Mittelmeer in den nächsten Wochen noch groß ins Laufen kommen wird, ist wohl eher nicht anzunehmen. Nicht nur, wenn man an die aktuellen Einreisevorschriften etwa in Griechenland und die Schilderungen von dem, was einen an den Stränden erwarten kann, denkt, oder daran, dass es ganz einfach die Flugzeuge und Flüge auch in absehbarer Zeit gar nicht gibt.

Keine Branche trifft Corona so schlimm wie den Fremdenverkehr. Illusionen, dass heuer noch viel zu retten ist, sind wohl eher nicht angebracht. Die Reisebüros rechnen mit bis zu 80 Prozent weniger Umsatz als im Vorjahr. Und im heimischen Fremdenverkehr sind die Arbeitslosenzahlen immer noch doppelt so hoch wir vor einem Jahr. Es ist wohl davon auszugehen, dass einer guter Teil davon stehen bleiben wird, hieß es erst kürzlich von den beiden heimischen Wirtschaftsforschungsinstituten.

Trotz der Hilfspakete der Regierung und auch, wenn die Ferienmonate passabel verlaufen sollten, bleibt die Lage, so viel ist jetzt schon klar, angespannt. Kreditausfälle und Insolvenzen stehen noch bevor, heißt es, und auch, dass das Eigenkapital oft nicht einmal reicht, um die staatlichen Hilfskredite zu bekommen, und dass die Branche zu jenen zählt, die weiter auf das Kurzarbeitsmodell angewiesen sind.

"Auf die Betriebe kommt noch eine Lawine zu", sagt etwa Petra Nocker-Schwarzenbacher, bis Ende Juni oberste Touristikerin der Wirtschaftskammer Österreich und selbst Hotelierin im Salzburgerischen. "Es kann noch keiner sagen, ob der Sommer ein Reinfall wird oder ob wir mit einem blauen Auge davonkommen." Und längst fürchtet man sich auch vor dem nächsten Winter. Viele gehen nicht davon aus, dass man schon im kommenden Jahr wieder auf das Niveau vor der Krise zurückkehren wird, sondern wohl erst 2022, wenn nicht überhaupt erst 2023.

Manche wollen sich davon dennoch nicht abbringen lassen. In Großarl etwa wurde erst dieser Tage ein 20-Millionen-Euro-Hotelprojekt vorgestellt. Daran, die lang geplante Investition Corona-bedingt abzublasen, habe er nie gedacht, sagt der Hotelier.

Keine schlechte Devise, um den Sommer allem zum Trotz schön werden zu lassen.


Meine Meinung, Raiffeisenzeitung - 9. Juli 2020

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