Donnerstag, 7. Juni 2018

Freiwild Landwirtschaft



In Oberösterreich muss sich die Landwirtschaftskammer mit der Arbeiterkammer wegen einer zweifelhaften Trinkwasseruntersuchung herumschlagen. Ebendort gefällt sich der grüne Landesrat immer wieder mit Zwischenrufen zu Agrarthemen. Jüngst forderte der nach dem Neonics-Verbot als nächsten Schritt gleich den Ausstieg aus dem chemischen Pflanzenschutz. In Wien blies SP-Chef Kern zur Attacke auf die Landwirtschaft und forderte Einsparungen, Global 2000 hat die mögliche Abdrift beim Pflanzenschutz als neues Thema entdeckt und die Magistratsabteilung  22 der Stadt Wien, vulgo Umweltschutzabteilung, meinte, die Schweinehaltung in Österreich anprangern zu müssen und brachte des damit sogar in die ZiB 1. Dann war da noch die Themenwoche „Mutter Erde“ im ORF in der es reichlich Saures für die Landwirtschaft gab. Und es rauschte noch eine NGO-Studie durch die Medien, derzufolge es ein Leichtes sei, Österreich ausschließlich bio zu ernähren. Freilich ohne viel vom Kleingeruckten zu reden. Davon, dass nicht mehr soviel weggeworfen werden dürfte, davon, dass man weniger Fleisch essen dürfte, und schon gar nicht davon, dass die Ausgaben für Ernährung, ganz markant ansteigen würden. 

Um die Landwirtschaft insgesamt freilich, und um die Bauern, geht es dabei meist nicht. Praktisch immer hingegen geht es darum, dass Teile der Gesellschaft aber auch der Bauernschaft selbst, wie etwa Bio Austria, aus welchen Gründen auch immer, ihre Vorstellungen von Landwirtschaft auf Kosten anderer durchsetzen wollen, um sie so zu gestalten, wie es ihnen passt. Man nimmt sich einfach heraus, überall mitzureden und Forderungen zu stellen, auch wenn man noch so wenig Ahnung von der Materie und nichts damit zu tun hat und nichts davon weiß, wie die Dinge wirklich laufen auf den Höfen und auf den Märkten. 

Wie es den Bauern geht damit, wie sie zurechtkommen und wo sie bleiben, wenn all das wirklich so käme, wie sie sich das vorstellen, ist kein Thema. Allenfalls ist man bereit, „kleine Bauern“, was immer man darunter versteht, und allenfalls noch Bergbauern unterstützen zu wollen. Alle anderen werden umgehend und ohne viel Federlesens mit der ach so bösen Agrarindustrie in einen Topf geworfen. Da wird nicht mehr differenziert. Da wird nichts mehr gehört. Da gilt der durchschnittliche österreichische Vollerwerbsbetrieb so wenig, wie der Großbetrieb im deutschen Osten oder gar in Polen, zumal dann, wenn er konventionell wirtschaftet.

Die Versuche und Bemühungen der Landwirtschaft, es der Gesellschaft recht zu machen, werden nicht anerkannt. Da gilt meist nichts. Nichts von den Umweltprogrammen, nichts von den zahllosen Beschränkungen und den vielen Auflagen, denen sich die Bauern unterwerfen.  

Dabei könnte man freilich über vieles diskutieren und müsste auch vieles weiterentwickelt werden. Das wissen und wollen auch die Bauern. Dieses Klima aber, diese überall mitschwingende Geringschätzung und dieser Umgang mit ihnen macht es schwierig.

Und es wird wohl nicht leichter werden. Denn ein Schelm, der glaubt, alles was derzeit abgeht, habe nicht auch mit den anstehenden Entscheidungen zum künftigen EU-Budget zu tun und mit der nächsten Reform der EU-Agrarpolitik.

Gmeiner meint - Blick ins Land, 7. Juni 2018

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