Montag, 19. Dezember 2011

Hühnerfutter ohne Gentechnik





Masthendln erhalten ab Jänner nur mehr gentechnikfreies Futter. Die Bauern fürchten, auf den Mehrkosten sitzen zu bleiben.

HANS GMEINER Salzburg (SN). Nach den Milchkühen und den Legehennen, deren Futterrationen bereits in den vergangenen Jahren umgestellt wurden, soll es ab Jahresbeginn auch für die heimischen Masthühner und Puten nur mehr Futter ohne gentechnisch veränderte Organismen (GVO) geben. Statt gentechnisch verändertem Billigsoja aus Südamerika kommt als Eiweißträger teureres, nicht verändertes Soja – zum Großteil auch aus Südamerika – ins Futter.
Was Handelsketten wie Rewe und Spar in den vergangenen Wochen großspurig ankündigten, gefällt den Bauern gar nicht. „Das ist nicht mit uns abgestimmt, sondern wurde von den drei maßgeblichen Schlachtbetrieben und den Handelsketten vereinbart“, sagt Michael Wurzer von der Arbeitsgemeinschaft der österreichischen Geflügelwirtschaft. Den gut 600 heimischen Hühner- und Putenmästern bleibt angesichts der geballten Marktmacht, die ihnen gegenübersteht, nichts anderes, als sich zu fügen. Sie fürchten allerdings um ihre Konkurrenzfähigkeit. „Wichtig ist für uns, dass die Mehrkosten abgedeckt werden.“
„Das haben wir vor“, sagen Karin Nakhai von Rewe und Nicole Berkmann von Spar und versprechen im gleichen Atemzug, dass Hendln und Puten für die Konsumenten nicht teurer werden.
Nach den Erfahrungen, die man bei der Umstellung auf GVO-freie Fütterung in der Milch- und Eierproduktion gemacht hat, ist man in der Landwirtschaft skeptisch. „Dass die Mehrkosten abgegolten werden, widerspricht meiner Erfahrung“, zweifelt August Astl von der Landwirtschaftskammer Österreich die Versprechungen des Handels an. Derzeit ist GVO-freies Soja um rund zehn Prozent teurer als konventionell erzeugte Ware. „Bei den Eiern sind die Mehrkosten jedenfalls nicht hereingekommen“, sagt Wurzer. Bei der Milch war es nicht anders. Der ursprünglich ausgezahlte Extracent verlor sich bald in den Preisänderungen.
Mit einem Jahresbedarf von rund 50.000 Tonnen Sojaschrot ist die Geflügelmast bisher der größte Produktionszweig, der auf GVO-freie Fütterung umgestellt wird. Bei der Milch- und Eierproduktion mussten jeweils nur halb so große Mengen ersetzt werden.
Über den größten Zweig, die Schweinemast, wo es um rund 200.000 Tonnen geht, traut sich selbst der Handel noch nicht drüber. „Wir schauen uns das zwar an, aber wir sind uns bewusst, dass die Fütterung dort sehr viel schwieriger umzustellen ist“, sagt Nakhai. Bei Schweinefleisch ist der Konkurrenzdruck härter als in anderen Bereichen. Zudem sind die Produktionsketten in der Fleischverarbeitung international viel zu stark verwoben, als dass sich Österreichs Verarbeiter heraushalten könnten und wollten.
Pilotprojekte von zwei Schlachtbetrieben kamen bisher nicht über eine regionale Bedeutung hinaus. Obwohl Importeure wie der oberösterreichische Agrarhändler Pilstl Garantien für die Versorgung des heimischen Markts mit Soja in Aussicht stellen, zeigt man sich zurückhaltend. In Südamerika geht der Anbau von GVO-freiem Soja zurück und in Europa ist man mit dem Aufbau der Produktion noch nicht so weit. Die österreichische Produktion von knapp 100.000 Tonnen geht größtenteils in Lebensmittel wie Sojamilch und Tofu. Hoffnungen setzt man auf das Projekt Donaubohne. In der Donauregion von Deutschland bis zum Schwarzen Meer soll auf österreichische Initiative der Anbau von GVO-freiem Soja forciert werden. Das macht, so das Kalkül, von Südamerika und von weiten Transportwegen unabhängig. Beim AMA-Gütesiegel für Schweinefleisch könnte GVO-freie Fütterung dennoch bald eine Rolle spielen. Astl: „Nicht als Bedingung, aber als parallele Schiene“.

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft 19. Dezember 2011

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