Freitag, 6. September 2019

Statt Mercosur wollen die Bauern Klimazölle



ÖVP-Chef Kurz verspricht nationale Mittel als Ersatz für mögliche Kürzungen der EU-Gelder.


Hans Gmeiner  


Ried im Innkreis. Stilgerecht im Steireranzug, und nicht im sonst üblichen dunklen Einreiher warf ÖVP-Chef Sebastian Kurz am Donnerstag auf der Rieder Landwirtschaftsmesse Wahlzuckerl unter das bäuerliche Volk. Kurz versprach, man werde allfällige Einbußen bei den EU-Förderungen nach der Agrarreform aus nationalen Mitteln ersetzen.

Nach derzeitigem Verhandlungsstand dürften vor allem als Folge des Brexit rund 110 Mill. Euro weniger pro Jahr für die heimische Landwirtschaft zur Verfügung stehen. Weil ein Großteil der Kürzungen die Mittel für die ländliche Entwicklung betreffen soll, fürchten Bauern vor allem um die Umweltprogramme und die Bergbauernförderung.

Über die gesamte Budgetperiode der EU von sieben Jahren wäre dieses Versprechen somit 770 Mill. Euro schwer. Woher das Geld dafür kommen soll, sagte Kurz nicht. Auch nicht, dass er in seiner Zeit als Bundeskanzler des Nettozahlerlandes Österreich Mehrzahlungen als Ausgleich für die wegen des Brexit fehlenden Mittel verweigerte.

Josef Moosbrugger, Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich, will die Erwartungen der Bauern daher auch nicht allzu hoch hängen. Er spricht sich dafür aus, dass in Brüssel „anständig verhandelt wird, dann schauen wir, dass wir einen Ausgleich bekommen“.

Aktuell plagen die Bauern ohnehin ganz andere Sorgen. Dürre, Rüsselkäfer in Rüben und Engerlinge in Wiesen seien zu richtigen Plagen geworden, sagt Bauernbundpräsident Georg Strasser. Dazu kommt der Borkenkäfer, der in vielen Wäldern wütet. Laut Moosbrugger ist die Situation von Österreichs Waldbauern „dramatisch“ und die Ertragslage „katastrophal“. „Die Preise decken nicht einmal die Aufarbeitungskosten.“ Er fordert nicht nur ein Klimapaket für den Wald, sondern auch ein „Ende der Scheinheiligkeit“. Was er damit meint? „Raus aus der fossilen Energie und hinein in die erneuerbaren Energieträger muss die erste Maßnahme sein“, sagt der Kammerpräsident. Scharf ins Gericht ging er auch mit Vorschlägen wie einer CO2 -Abgabe oder einer Fleischsteuer. Die seien nichts als Ablenkungsversuche. Die wahren Ursachen lägen nicht bei der Landwirtschaft, „sondern dort, wo alle betroffen sind, etwa beim Verkehr“. Auf scharfe Ablehnung stößt auch das geplante Mercosur-Abkommen, das Rindfleischexporte nach Europa erleichtern soll. „Stattdessen brauchen wir Klimazölle“, sagt Moosbrugger. Auch der Handel bekam sein Fett ab. Es sei „unverständlich, dass derzeit Billigäpfel aus dem Ausland angeboten werden und gleichzeitig von Klimabelastung geredet wird, wo es doch bei uns heuer zu viele Äpfel gibt“.

Die Bauern wollen sich nicht die Schuld am Klimawandel zuschieben lassen. Laut Ex-Ministerin Elisabeth Köstinger trägt die Landwirtschaft zwar weltweit 25 Prozent zu den Treibhausgasemmissionen bei, in Österreich seien es aber wegen der kurzen Wege und der naturschonenden Wirtschaftsweise nur zehn Prozent.


Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 6. September 2019

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