Mittwoch, 23. Oktober 2019

Berglandmilch bringt Pfandflasche zurück



Anfang nächsten Jahres wird es wieder Milch in Pfandflaschen geben. Die Berglandmilch investiert dafür acht Millionen Euro.

Hans Gmeiner 


Aschbach. Mitunter schließt sich der Kreis – und es ist dennoch ein Fortschritt. Im Frühling nächsten Jahres bringt die Berglandmilch, Österreichs größter Milchverarbeiter mit Marken wie Schärdinger, Desserta und Tirolmilch, die Pfand-Milchflasche aus Glas zurück in die Supermarktregale. Dort war sie ab Mitte der 1990er-Jahre, just in der Zeit, als die Berglandmilch gegründet wurde, endgültig verschwunden. Das System galt als zu teuer, und die Konsumenten griffen lieber zum Milchpackerl aus Papierverbundstoffen. „Mit den Glasflaschen sind wir jetzt wieder am Puls der Zeit“, erklärte am Dienstag Berglandmilch-Chef Josef Braunshofer. Man sei überrascht gewesen von der großen Nachfrage nach den Einwegglasflaschen, in denen man seit dem Vorjahr wieder Milch anbiete. Neue Technologien in der Reinigung und Hygiene ermöglichten nun endgültig die Rückkehr zur wiederbefüllbaren Milchflasche.

Insgesamt investiert Berglandmilch rund acht Mill. Euro in entsprechende Anlagen für Abfüllung, Temperierung und Reinigung. Die Flaschen sollen zwölf Mal verwendet werden können. Bei anderen in Glas verpackten Produkten bleibt man bei Einwegflaschen, bei Milch werden diese Gebinde zur Gänze von den Pfandflaschen ersetzt.

Diese Pläne fügen sich perfekt in die Philosophie des größten heimischen Milchverarbeiters. Braunshofer und Johann Schneeberger, oberster Bauernvertreter im Milchkonzern, sind überzeugt davon, dass ihnen die aktuellen gesellschaftlichen Trends in die Hände spielen. Auch wenn die Unternehmensgruppe rund die Hälfte der heimischen Bauernmilch verarbeitet, ist Berglandmilch im internationalen Vergleich ein Zwerg. „Genau mit dieser Kleinheit und mit unserer Naturnähe können wir punkten“, sagen die Berglandmilch-Chefs. Der Verzicht auf Gentechnik in der Fütterung, die Verwendung von ausschließlich europäischem Futter, ein Glyphosat-Verbot und spezielle Haltungsvorschriften für die Kühe, zu denen man die bäuerlichen Lieferanten anhält, sollen dieses Konzept unterstützen.

Auch mit der Reduktion von Zucker in den Produkten versucht man zu punkten.

Auch wenn das heurige Jahr für die Milchwirtschaft als durchwachsen gilt, ist man mit der eingeschlagenen Linie erfolgreich. Der Jahresumsatz von Berglandmilch liegt bei rund 950 Mill. Euro. 40 Prozent davon werden inzwischen im Export hauptsächlich mit Käse und H-Produkten erzielt. Das Geschäft hat sich in den vergangenen Jahren von Grund auf gewandelt und wird immer anspruchsvoller. Hatte man in den Gründungszeiten etwas mehr als 200 verschiedene Produkte im Verkaufsprogramm so sind es heute rund 2000. Etwa ein Drittel tragen zum heutigen Umsatz Produkte bei, die es vor zehn Jahren noch nicht gegeben hat.

Die Bauern, zu denen das Verhältnis nicht immer einfach war, scheinen die Linie der Berglandmilch-Führung inzwischen zu schätzen. Die Preise, die sie bekommen, sind selten Spitzenpreise, es ist die Kontinuität, die für die Molkerei-Chefs zählt. „Nur was wir erwirtschaften, können wir auch verteilen“, sagt Schneeberger.


Berglandmilch verdankt die Gründung dem Scheitern der AMF. In der Austria Milch und Fleischvermarktung hatten sich 1995 vor dem EU-Beitritt Teile der österreichischen Milchwirtschaft und der Fleischwirtschaft zusammengeschlossen. Nach einem Milliarden-Desaster vereinten sich damals die Linzer Molkerei, die Molkerei Mostviertel, die bäuerliche Milchunion Kärnten, die Schärdinger Landmolkerei, die Milchunion Alpenvorland und die Milchverarbeitung Desserta zur Berglandmilch-Genossenschaft. Später dazu kamen das Rottaler Milchwerk in Bayern (1999), die Landfrisch Molkerei Wels (2009), die Tirolmilch (2010) und die Stainzer Molkerei (2011).Nummer eins Elf Betriebsstätten hat die Berglandmilch mittlerweile, Hauptstandort ist Aschbach bei Amstetten. 
Derzeit liefern 10.500 Bauern jährlich rund 1335 Millionen Kilogramm Milch. Damit ist man mit Abstand die Nummer eins in Österreich. Die Geschichte des Unternehmens wird von Anbeginn an mit Spekulationen um den Zusammenschluss vor allem mit der NÖM aus Niederösterreich, dem zweitgrößten Milchverarbeiter im Land, begleitet. Es kam bisher nie zu dieser großen österreichischen Milchlösung. Und dabei wird es allem Anschein nach auch bleiben. „Wir sind nicht auf Brautschau“, hieß es Dienstag.

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft. 23. Oktober 2019

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